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Kleine Klassen und mehr Unterrichtszeit

Erstellt von Veronika Harzenmoser, Volketswil | |   Unsere Zeitung

Leserbrief zu «Schule setzt auf Quereinsteiger», Volketswiler Nachrichten vom 2. September 2022.

Es ist wie vorhergesagt: Alle Klassen haben eine «Lehrperson» gefunden. Schönreden ist "in". Die Medien verhalten sich ruhig oder bringen schön gefärbte Berichte von sogenannten «Erfolgsmomenten». Niemand fragt mehr, wie es dem händeringend und krampfhaft gesuchten fälschlich als Quereinsteiger benannten «Lehrpersonal» nun im Schulalltag geht. «Quereinsteiger» waren bis anhin Lehrpersonen, die auf dem zweiten Bildungsweg den Lehrerberuf von der Pike auf erlernen. Mit einem soliden jahrelangen Berufshintergrund, einer dreijährigen pädagogisch-didaktischen Ausbildung und Herzblut für das Weitergeben von Wissen und Kompetenzen leisten diese Personen hervorragende Arbeit. Vielen der unausgebildeteten Troubleshooter und Greenhorns aber fehlt dieser Rucksack. Ebenso wenig korrekt ist die Bezeichnung «Lehrer/in». In keiner Weise möchte ich den «Notnägeln» die guten Absichten und die Experimentierfreude, den Mut, das Engagement, den Arbeitseinsatz oder die Freude an Herausforderungen schmälern oder absprechen. Die Ansprüche an den Lehrerberuf steigen ständig und laufend sind Weiterbildungen für erfahrene Lehrpersonen auf verschiedenen Ebenen nötig, um die Anforderungen im Schulalltag bewältigen zu können. Klassenassistenten und ohnehin schon genügend belastete Klassenlehrpersonen werden nun zu Mentoring oder Coaching verurteilt oder verknurrt.

Wohin – frage ich mich – hat es die Zürcher Volksschule gebracht? Wen wundert es, wenn die Privatschulen boomen, wo Lehrermangel und hohe Fluktuationen Fremdwörter sind? Grund? Bessere Arbeitsbedingungen! Kleine Lerngruppen, genügend unterstützende Fachkräfte, hohe Schulqualität – ein Arbeitsplatz, der jedem Pädagogenherz die Möglichkeit gibt, so zu arbeiten, dass effizienter Unterricht ohne Störungen stattfinden kann und die Lernziele erreicht werden. Dafür nehmen Lehrpersonen gerne auch weniger Lohn in Kauf. Laut «Privatschulen Schweiz 21/22» gibt es 62 im Kanton Zürich, 43 im Rest der Schweiz. Und – unsere Bildungsdirektorin sieht keinen Handlungsbedarf. Viele junge Abgänger der Pädagogischen Hochschulen werfen nach kurzer Zeit aus Überforderung das Handtuch oder merken schnell, dass ein 100 Porzent Pensum in diesem Beruf ins Burnout führt. Volksschule bietet allen Kindern einen Lernort – und dem muss mit entsprechenden Arbeitsbedingungen Rechnung getragen werden. In der neuen Legislatur möchte unsere Schulbehörde unter anderem eine «bestmögliche Ausbildung der Kinder und eine hohe Attraktivität als Arbeitsgeberin» erreichen. Das geht meines Erachtens nur über grundlegende Änderungen der Arbeitsbedingungen: Kleine Klassen, temporäre Kleinklassen, geführt von Heilpädagogen für Kinder mit Sprach-, Verhaltens- oder Entwicklungsproblemen, viel mehr Zeit für den Unterricht, Autonomie in der Klassenführung, Abschaffung des Würgegriffs «Neuer Berufsauftrag».

Veronika Harzenmoser (einmal Schulfrau – immer Schulfrau), Volketswil

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