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Jesus mag Fondue

Erstellt von Michaele Madu, katholische Pfarrei | |   Unsere Zeitung

Vor ein paar Monaten spazierte ich durch die Bahnhofstrasse in Zürich und kam an einem Fonduewerbeplakat vorbei. Und siehe da – jemand hatte einen originellen Satz darauf gesprüht. Zwischen appetitlichen Brotstücken mit geschmolzenem Käse konnte ich lesen: «Jesus mag Fondue!» Ich habe das Plakat sofort fotografiert und auf Facebook geteilt, weil mir der lockere Spruch so gut gefiel.

Aber warum eigentlich? Hatte der Sprayer oder die Sprayerin denn nicht etwas Verbotenes getan? Ja, war das sogar gotteslästerlich? Ich empfand das gar nicht so. Für mich war es eher eine Aktion, die sich jemand mit einem Augenzwinkern ausgedacht hatte. Es passt zu meinem Jesusbild, dass er hier ganz alltäglich als Fonduefan erwähnt wird. Das ist ganz anders als die bekannten ernsten Plakate mit Bibelsprüchen. Einige davon sind auch positiv und mutmachend. Es gibt aber auch Gruppierungen, die Jesus gerne mit mahnend erhobenem Zeigefinger darstellen. Wir sind daran gewöhnt, immer wieder in der Öffentlichkeit die Zusagen zu lesen: «Jesus liebt dich!» oder «Jesus rettet dich!» Aber in der Bahnhofstrasse mag Jesus einfach nur Fondue. Warum auch nicht?! Oder hätte er Laktoseintoleranz entwickelt? Hätte er aus ethischen Gründen vegan gelebt oder bewusst nur Biofondue gegessen? Ich kann mir vorstellen, dass er persönlich auf so etwas geachtet hätte. Aber wenn man ihn einlud, nahm er alles so, wie es ihm angeboten wurde, um den Menschen unkompliziert nah zu sein. So hat er ja auch zu Lebzeiten mit Menschen vom Rand der Gesellschaft gegessen und lehnte auch das Feiern mit Wein nicht ab. In freikirchlichen Kreisen gab es mal einen Trend, bei dem man sich fragte, was Jesus wohl in der jeweiligen Lebenssituation getan hätte. Manche Jugendliche trugen dazu Armbänder, die sie ständig an die Frage erinnerten: «What would Jesus do?» («WWJD») Das finde ich o.  k., wenn man mit der Frage spielerisch umgeht, um die eigene Ethik zu schulen. Aber es schiesst über das Ziel hinaus, wenn man sich das ständig fragt, aus Angst, einen Fehler zu machen und schuldig zu werden. Wir können nicht im Detail wissen, was Jesus getan hätte und ob er heute Fondue essen würde. Viel eher können wir allgemein von seinem Handeln seine innere Ethik ableiten. Für mich war es auf jeden Fall ein Aufsteller, den sympathischen und lockeren Spruch zu lesen. Vielleicht kann man die ernste christliche Botschaft ja in Zukunft mit dem spielerischen Aspekt verbinden: «Jesus ist dein Erlöser... und er mag Fondue!»

Michaele Madu, katholische Pfarrei

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