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Hoffnung hat man nicht, Hoffnung tut man

Erstellt von Gina Schibler, reformierte Pfarrerin | |   Unsere Zeitung

Hoffnung hat man nicht, Hoffnung tut man Wird 2019 ein gutes Jahr, fragen wir uns womöglich bang angesichts des Jahreswechsels. Die Amerikaner ziehen aus Syrien ab, doch ist der Albtraum des islamistischen Terrors im Hort der Finsternis wirklich vorbei? Wie gelingt es uns, schnell genug zu einer karbonfreien Wirtschaft gelangen um eine menschenfeindliche Heisszeit zu vermeiden? Wie meistern wir die Migration, die ‚Mutter aller Probleme‘, wenn in Afrika die Bevölkerung unaufhörlich wächst – Experten sprechen von 2,5 Milliarden Afrikaner Ende 2100? Wie schützen wir die Fische vor dem Meer aus Plastikmüll und stoppen den Rückgang der Insekten und Bienen (über 70 Prozent!)?

Die oben genannten Fragen lösen Gefühle allesamt der Überforderung aus, oft verharren wir in Lethargie. Dabei ist nichts so wichtig wie die Kraft der Hoffnung, kleine Schritte zu gehen. Alle grossen positiven Veränderungen in der Geschichte wurden von Menschen ausgelöst, die auch in schwierigen Zeiten ein Bild der Hoffnung zeichneten. Josef und Maria beschworen ungeachtet einer verzweifelten Ausgangslage (Herodes trachtete nach dem Leben von Jesus) das Bild einer hoffnungsvollen Zukunft herauf. Die Engelschöre von Weihnachten sangen den Hirten nicht „Unfrieden auf Erden, Gewalt, Krieg und Unrecht“ – womit sie nicht Unrecht gehabt hätten, sondern „Frieden auf Erden“ Unabhängig vom jeweiligen Glaubenssystem hilft uns Menschen tatkräftige Hoffnung als pragmatische Strategie.

Hoffnung hat man nicht, Hoffnung tut man, Schritt für Schritt. Martin Luther Kings berühmte Rede heisst deshalb nicht „ich habe einen Alptraum, weil ich jeden Tag Rassismus erlebe und sich die Menschen nie ändern werden“, sondern schlicht „Ich habe einen Traum“. Am ersten Januar 1519 – vor 500 Jahren! – wurde Zwingli Priester von Zürich und trat von dort aus die Reformation los. Auch seine Zeit war dunkel und voller skandalösen Vorgänge. In Einsiedeln, wo er zuvor wirkte, erlebte er, wie junge Männer von den politischen Verantwortungsträgern skrupellos in Kriege verkauft wurden und deren Leben buchstäblich zu Geld gemacht wurde. Er erlebte mit, wie die Söldner an Leib und Seele verwundet zurückkehrten (wenn überhaupt!) und fortan liebesunfähig und verroht ihr Leben fristeten. Das war für Zwingli so empörend, dass er die Protestbewegung der Reformation anstiess. Und tatsächlich: Es gelang ihm, das Söldnerwesen zu ächten, Schulen und Bildungsinstitutionen zu gründen und die Menschen zu befähigen, ihren Lebensunterhalt anders als mit Kriegshandwerk oder Prostitution zu bestreiten. Auch heute gilt es, aktiv, engagiert und strategisch auf Hoffnung zu setzen. Hoffnung ist keine Frage der persönlichen Einstellung. Es ist klug, angesichts einer ungewissen Klimazukunft als Gemeinschaft und Einzelne tatkräftig vorzusorgen.

Die Welt ist voller Lösungen, lassen wir uns nicht zurückfallen in bequeme, faule, billige Resignation. Hoffnung ist ein Verb mit hochgekrempelten Ärmeln. Angesichts der genannten Herausforderungen gibt es nur eine Möglichkeit: Auf die Kraft der Hoffnung zu vertrauen und mit Tatkraft und Schwung Schritte in eine sich wandelnde Welt zu gehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein hoffnungsvolles, tatkräftiges 2019!

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