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Fritz Billeter

Erstellt von Toni Spitale | |   Unsere Zeitung

Während über 20 Jahren schrieb Fritz Billeter als Kulturredaktor für den «Tages-Anzeiger». Mittlerweile ist er 93 Jahre alt geworden. Den Bleistift hat er noch nicht zur Seite gelegt. Jeden Tag sitzt er an seinem Schreibtisch mit Aussicht über den alten Dorfkern von Volketswil und widmet sich seiner Leidenschaft.

Der Weg zur Loft von Fritz Billeter führt durch die spärlich beleuchteten Gänge des ehemaligen Forsanose-Fabrikgebäudes. Hat man die Türschwelle überschritten, eröffnet sich eine Kunstsammlung sondergleichen. Überall ziehen Bilder, Skulpturen und Artefakte die Aufmerksamkeit des Gastes auf sich. Es fällt einem schwer, nicht innezuhalten und die einzelnen Werke auf sich einwirken zu lassen. Und dann stapeln und reihen sich in der hellen Loft mit ihren hohen Wänden noch Bücher, Kunstkataloge und Fachzeitschriften, so weit das Auge reicht. Am grossen Esstisch in der Wohnküche nimmt der Hausherr Platz und schenkt sich einen Tee ein. Schon in der Schule, damals zu seiner Gymnasialzeit in Basel, habe er gerne Aufsätze geschrieben, beginnt er mit seinen Ausführungen. Danach folgte ein zehnjähriges Studium in Germanistik, französischer Literatur und Kunstgeschichte. Diesen Umstand hat er seinem Vater zu verdanken, der als kaufmännischer Direktor einer Textilfirma über die nötigen finanziellen Mittel verfügte. Heute wäre dies gar nicht mehr denkbar, räumt Billeter ein.

Aus Liebe gedichtet

1958 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband. Wie es dazu kam? «Viele junge Leute dichten, wenn sie verliebt sind – nur ich machte es besser.» So wurde auch der damals berühmte Schriftsteller Jörg Steiner auf sein Talent aufmerksam und förderte den jungen Dichter. Auf die Frage, ob er dann bei den Frauen auch Erfolg gehabt hätte, erwidert er mit einem lauten Lachen: «Ja, das ist gar nicht schlecht gelaufen.» Sozial verkehrte Billeter in den 1950er-Jahren nicht etwa, wie man erwarten würde, mit anderen Literaten, sondern hielt sich am liebsten in Malateliers auf. Der Geruch der Farbe und die geordnete Unordnung – in dieser Welt habe er sich wohlgefühlt. «Das Unbürgerliche hat mir gefallen.» Dies ganz im Kontrast zu seinem bürgerlich geprägten Elternhaus. Seine erste Ehefrau habe er nur deshalb geheiratet, um endlich von zu Hause wegzukommen. Mit seiner zweiten Ehefrau, der Schauspielerin Julia Vonderlinn, ist er seit 56 Jahren verheiratet. Er lernte sie am Theater in Luzern kennen. Vonderlinn spielte während ihrer Berufskarriere sowohl auf allen grösseren Theaterbühnen in der Schweiz und stand auch in Filmproduktionen wie «Polizischt Wäckerli in Gefahr» vor der Kamera.

Ein Freund der Künstler

Nach einem kurzen Abstecher in den Lehrerberuf – mit seinen angeblich unorthodoxen Ansichten eckte er bei seinen Kollegen an – kam er 1971 als Kunstkritiker zum «Tages-­Anzeiger». Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1995 kuratierte er Ausstellungen in ganz Europa, freundete sich mit Künstlern wie Max Bill, Richard Paul Lohse und Urs Lüthi an. Von ihnen hat Billeter auch Werke in seiner Wohnung hängen. Eigentlich hätte er gar nicht mehr über diese Künstler schreiben dürfen, weil ihm durch diese Freundschaften die professionelle Distanz ver­loren ging. «Aber diese Künstler musste man wegen ihres bereits erreichten Ruhms auch nicht mehr kritisieren.»

Ein Meister für Kurzes

Bis zum heutigen Tag ist er dem Schreiben treu geblieben. Er könne jetzt endlich das tun, wozu er in jüngeren Jahren nie den Mut hatte: als freier Schriftsteller schreiben. Vor drei Jahren begann er Dramolette zu texten. Weit über 100 solche «bedenkliche Stücke», wie er sie nennt, hat er geschrieben. «Die strenge Auswahl» davon sind in drei Buchbänden erschienen. Bei dieser eher seltenen literarischen Ausdrucksweise führen zwei Figuren einen Dialog miteinander. Werner von Mutzenbecher, ein Freund des Autors, hat das Dramolett mit den folgenden Worten beschrieben: «Inhalte werden da gebündelt, reduziert auf Aussage, Rede und Gegenrede von zwei oder mehr Personen. Wobei es am Leser ist, auch Ungesagtes zu erspüren, dem Gedachten, nicht nur dem Gesagten zu folgen.» Ein Markenzeichen Billeters hebt Mutzenbecher in seiner Buchwürdigung besonders hervor: Bemerkenswert sei immer wieder seine Fähigkeit, in gebotener Kürze das Wesentliche zu sagen, stilistisch in lite­rarisch hochstehendem Deutsch verfasst. Darauf angesprochen erinnert Billeter daran, dass diese Ei­genschaft den Journalisten in ihm widerspiegelt, der sich prinzipiell kurz fasst. Und in diesem Sinne würden sich die kurzen Ausdrucksformen der Dramolette auch ganz gut für Journalisten eignen. Doch das Thema hat sich nun für ihn erschöpft. Neu schreibt er bis zu vier Stunden täglich an Kurzgeschichten.

Den Umzug von Wollishofen nach Volketswil im Jahr 2012 haben Fritz Billeter und Julia Vonderlinn noch keine Sekunde bereut. «Wir sind im Nu draussen in der Natur und schätzen es, dass wir hier einen guten Metzger und Bäcker haben.» Zudem sei ihnen das Ankommen in der Gemeinde mit dem Neuzuzügertag sehr leicht gemacht worden.

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