Im Frühjahr hat Dein Gspänli Dich verlassen, Du bist wider Deine Natur bei uns geblieben. Drei- oder viermal habe ich Dich vom gegenüberliegenden, unüberwindbaren Maschendrahtzaun, an welchem Du panisch hin und her gelaufen bist, von der Strasse weg auf die freiliegende Wiese getragen, damit Du Deine Nahrungssuche ohne Gefahr fortsetzen kannst. Wie oft habe ich den Verkehrskadetten für Dich gespielt und Autos angehalten. Mehr als einmal habe ich Dir gesagt, pass' auf – auch wenn die Strasse auf Grund der Kurve unübersichtlich ist, fahren hier alle viel zu schnell, bis wirklich etwas passiert. Oft haben wir Dich gehört, wenn Du nach Hause kamst. Manchmal haben wir Dich auch gesehen, wenn Du im Dunkeln direkt auf unseren Sitzplatz zugesteuert bist, um dann doch noch schnell einen Bogen durch das Unterholz zu machen. Ich werde Dein freches Gesicht und Deine niedlichen Knopfaugen nie vergessen, wie Du plötzlich vor uns standest und man dachte in Deinem Gesicht «Schei… drauf» lesen zu können, als Du Dich entschlossen hast doch ganz gemütlich, über unseren Platz, dicht an uns vorbei zu Deinem Eigenheim spaziert bist.
Ein letztes Mal durfte ich dich neulich von der Strasse tragen, auch wenn Du Deinen Weg danach nicht mehr fortgesetzt hast. Am Morgen danach sass ich mit einem Kaffee in der Hand am offenen Fenster und schaute traurig auf den Ort des Geschehens – ein weisses Cabrio kam von links, viel zu schnell, wie aus dem Nichts.. Gestern warst nur «Du» es, ein niedlicher kleiner Igel, morgen ist es vielleicht unser Kater.. und hoffentlich niemals eines der kleinen Schulkinder, welche jeden Morgen die Strasse in der Kurve überqueren und sich am Brunnen unter meinem Fenster treffen, um gemeinsam sicher zur Schule zu gehen. Du wirst mir fehlen.
Karo Stettin, Volketswil
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