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"Diät"-Zeit"?

Erstellt von Judith Schiele, katholische Pfarrei Volketswil | |   Unsere Zeitung

Fast ist sie schon wieder vorbei - die «Fastenzeit». Langsam strebt sie ihrem Ende zu. Bleiben die Fragen: Wozu ist die Fastenzeit eigentlich gut? Dient sie dazu, das im Winter, gestiegene Gewicht, zu senken und so die gewünschte Bikinifigur zu erreichen? Ist die Fastenzeit eine vorsommerliche Diät-Zeit? Mitnichten!

Eigentlich spricht die katholische Kirche von der «österlichen Busszeit», den «heiligen vierzig Tagen», die am Aschermittwoch beginnen und der umfassenden Vorbereitung auf Ostern dienen. Dabei ist das Fasten nur ein Teilaspekt, sozusagen die körperliche Seite, um die es in der österlichen Busszeit geht. Busse ist umfassender. Trotzdem hat sich der Ausdruck «Fastenzeit» in unserem Sprachgebrauch durchgesetzt. Der Theologe Ulrich Lüke greift den Begriff in seinen Überlegungen auf und deutet ihn ganzheitlich. So bezeichnet er die Fastenzeit als «eine Art Trainingslager der Menschlichkeit». In seinem Artikel «Fasten: Eine Alphabetisierung» deutet er die einzelnen Buchstaben des Wortes «FASTEN» auf eine inspirierende Weise.

F steht für Freiheit. Die Fastenzeit will mich von dem, was mich einengt und gefangen hält befreien und mich frei machen für das Wesentliche im Leben. A steht für Andacht. In der Fastenzeit brauchen wir Zeit für Andacht. Das Wort kommt vom Mittelhochdeutschen «anêdacht» und bedeutet so viel wie zielgerichtetes Denken. Es meint ein Denken, welches unser ganzes Leben auf Gott ausrichtet. Für die Andacht brauchen wir eine Auszeit von Stress und Hektik, persönliches und gemeinschaftliches Gebet. S steht für Solidarität. Diese Solidarität setzt sich «mit Herz, Hirn und Hand» für den Mitmenschen, der krank, bedroht oder zu kurz gekommen ist, ein. T steht für Theologie. Früher war die Fastenzeit eine Zeit der Taufvorbereitung, eine Zeit der Einführung ins Christsein. Ausschliesslich in der Osternacht wurde getauft. Wir sind aufgerufen, die Fastenzeit als «Lehr- und Lernzeit des Christseins» wiederzuentdecken und uns mit unseren Glaubensinhalten auseinanderzusetzten. E steht für Ernährung. Der «innere Schweinehund» steht nicht auf der Artenschutzliste. Warum nicht bewusst auf etwas verzichten und damit Leib und Seele regenerieren? Fasten und Verzicht kann uns aus tief verwurzelten Zwängen, Süchten und Abhängigkeiten befreien. N steht für Nächstenliebe. Der häufig gebrauchte Ausdruck ist so manches Mal schwer umzusetzen. Fällt es uns doch leichter eine Art «Fernstenliebe» zu betreiben. Ihm lässt man gerne gelegentlich eine Spende zukommen. Nicht, dass dies nicht wichtig wäre, aber, wie sieht es mit dem «nervigen» Nachbarn mit den lauten Kindern aus?

Zugegeben, Corona und «Social Distancing» machen es uns noch schwerer. Aber fangen wir doch damit an, uns mal telefonisch bei unsern Nachbarn, Bekannten und Freunden zu melden, nachzufragen, wie es ihnen geht und auch auf die Distanz da zu sein. Die Fastenzeit ruft uns dazu auf. Sind wir bereit dazu? FASTEN- durchbuchstabiert - Welchen Buchstaben müssen wir persönlich noch üben, um Ostern in Fülle feiern zu können?

Judith Schiele, katholische Pfarrei Volketswil

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