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«Dene wos guet geit»: Von der Dialektik des Helfen-Wollens und des um Rat Bitten-Müssens

Erstellt von Veronika Mensching | |   Unsere Zeitung

Jeweils im Januar finden die Caritas-Wochen statt. Anlass ist die Berichterstattung über die Arbeit rund ums Helfen. Meistens geht es um die Not anderer. Diese Gelegenheit will ich nutzen, um darüber nachzudenken. Die eigene Betroffenheit, sei es der Wunsch, Gutes zu tun oder das Leid anderer zu mindern.

In der pfarreilichen Sozialarbeit wird nicht nur das Individuum betrachtet, wie es bei der Psychologie, dem Kind der Philosophie, oder der Psychiatrie, einem Teilgebiet der Medizin, üblich ist. In der sozialen Arbeit geht es auch um «das» System und «die» Gesellschaft. Soziale Arbeit basiert auf Teilhabe. Menschen stehen im Mittelpunkt. Soziale Arbeit lenkt, fördert, greift ein und leitet. Teils können sich die Betroffenen nicht mehr selbst helfen, oder sie haben den Glauben in das eigene Leben und/oder Handeln verloren. Probleme können allein und/oder gemeinsam gelöst werden, je nach Situation, Wunsch oder Auftrag. Soziale Arbeit unterstützt Menschen, Paare, Familien, Gruppen und Gemeinwesen. Im Alltag, in Beziehungen, im Beruf und in der Arbeit. Selbst- und Mitbestimmung als Ziel zur Vorbeugung materieller und/oder sozialer, eben gesellschaftlicher Benachteiligung. Sozialarbeit ist zielgruppenneutral. Soziale Arbeit kann nur in öffentlich-rechtlichen Trägern erfolgen. Privatwirtschaftlichen Erfolg gibt es nicht. Genauso wenig wie es neutrale Hilfe gibt. Soziale Arbeit ist dem doppelten Mandat verpflichtet und Dienerin zweier Herren: der Auftraggeberin, meist Geldgeberin, und dem Klienten gleichermassen. Erfolge sind unbezahlbar. Ursache und Wirkung im Zusammenleben und in der Zusammenarbeit. Das Ziel sozialer Arbeit ist, sich überflüssig oder unnötig zu machen. Doch hier beginnt das Reich der Träume und Utopien. Soziale Arbeit hat als Trägerschaft eine Kirch-/Gemeinde, eine Träger-Organisation wie einen Verein oder eine Stiftung. Sozialarbeit ist multiperspektivisch: Soziale Arbeit ist eine Menschenrechtsprofession. Menschenrechte gelten hier als Kompass. Soziale Arbeit ist politisch und nimmt Partei. Soziale Arbeit spricht Klartext. Soziale Arbeit bekennt sich, klagt an, fordert ein. Regelmässig begegne ich Leuten, die sich mit einer Mischung aus Neugier und Mitleid über meine Arbeit erkundigen. Diese Personen wähnen sich in Sicherheit, bisher und hoffentlich auch in Zukunft, nie Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Helfen ist die Kür jener, die Glück im Leben haben, auf materiellen Wohlstand zählen dürfen und bisher in keinen ausweglos scheinenden Situationen gestanden haben oder in unlösbaren Pattsituationen ausharren mussten. Ich will keine Spielverderberin sein: Öl giesse ich selten ins Feuer, eher Sand ins Getriebe, um über die eigene Situation und die eigenen Möglichkeiten nachzudenken, um (gemeinsam) Handlungsalternativen zu entwickeln. Die pfarreiliche Sozialarbeit sieht sich als Ermöglicherin und nicht als Macherin. Selbst stehe ich dabei einen Schritt ausserhalb. Ganz konkret, vor allem emotional und seelisch. Die Hauptarbeit liegt bei den Ratsuchenden. Dabei bin ich Katalysator und Spiegel zur (Selbst-)Reflektion. Diese Distanz erfordert Geduld und Gelassenheit.

Besuchen Sie unseren Wortgottesdienst, dabei berichte ich über meine Arbeit. Samstagabend, 28. Januar, 18.15 Uhr und Sonntagmorgen, 29. Januar, 10.45 Uhr.  Veronika Mensching, Sozialarbeiterin FH, katholische Pfarrei

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