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"Wir sind keine kleine Gemeinde!"

Erstellt von Toni Spitale | |   News

Im Interview legt Gemeindepräsident Jean-Philippe Pinto dar, warum Volketswil in Sachen Standortförderung das Glück im Westen sucht und weshalb der Bau der Neuen Greifenseestrasse eine faire Lösung wäre.

Herr Pinto: Volketswil tritt am 1. Juli als 13. Gemeinde der Standortförderung Flughafenregion Zürich bei. Was erhofft sich der Gemeinderat durch diese Mitgliedschaft?

Jean-Philippe Pinto: Der Gemeinderat ist davon überzeugt, dass eine Mitgliedschaft bei der Flughafen­region Zürich FRZ für das Wirtschaftsnetzwerk und die Standortentwicklung von Volketswil positiv ist. Insbesondere erhalten die lokalen Firmen nun einen direkten Zugang zur stärksten Wirtschafts­region der Schweiz. Auch wird die Aufmerksamkeit von Volketswil und daher auch das Interesse von ansiedlungsinteressierten Firmen zunehmen. Viele Herausforderungen sind heute überregional und lassen sich nur mit starken Partnern lösen. Als Beispiele seien der Flugplatz Dübendorf, der Innovationspark und die Verlängerung der Glattalbahn auf­geführt.

Glauben Sie nicht, dass die Interessen Volketswil in einer solch grossen Organisation zu wenig Beachtung finden? Was ist mit einer eigenen, auf die lokalen Bedürfnisse zu­geschnittenen Standortförderung, wie dies auch an den beiden Volketswil Economic Forums als Wunsch geäussert wurde?

Wir sind keine kleine Gemeinde! Volketswil ist ein wichtiger Indus­trie- und Gewerbestandort im Kanton Zürich mit über 1200 Betrieben und 11 000 Beschäftigten. Selbstverständlich wird ein persönliches und aktives Engagement des Gemeinderates, der Gemeindeverwaltung und der Wirtschaftsverbände notwendig sein. Die Flughafenregion Zürich FRZ hat gute Erfolge vorzuweisen. Alleine könnten wir dies niemals schaffen. Nach dem Beitritt zur Flughafenregion Zürich FRZ wird der Gemeinderat nun aber auch die lokale Standortförderung prüfen. Es geht grundsätzlich darum, die Attraktivität der Gemeinde für natürliche und juristische Personen zu verbessern.

Was hat der Gemeinderat sonst noch geplant, um die Gemeinde ­weiter zu positionieren und ­dadurch für Wirtschaft und ­Gewerbe attraktiver zu machen?

Es geht nicht nur um die Wirtschaft und das Gewerbe. Die Gemeinde muss insbesondere für die lokale Bevölkerung attraktiver werden. Der Gemeinderat hat ein Handlungsprogramm für die Positionierung der Gemeinde verabschiedet, das verschiedene Massnahmen und ihre Priorisierung aufzeigt. Darunter sind die Prüfung einer Stelle zur Standortförderung, eine stärkere ­Beteiligung am Innovationspark ­Dübendorf, die Abklärung verschiedener Handlungsoptionen an der Industriestrasse und Zürcherstrasse und die Ausweitung der Kommunikation. Im Rahmen der anstehenden Ortsplanung werden weitere Entwicklungsgebiete abgeklärt. Hierzu wird auch die Bevölkerung mit einbezogen werden.

Die Flughafenregion ist in «Normalzeiten» auf einen gut funktionierenden internationalen Flughafen ­angewiesen. Gleichzeitig ist Volketswil auch Mitglied im Fluglärm­forum Süd, das den Entwicklungs­radius des Flughafens Kloten einschränken möchte. Ist das nicht ein Widerspruch?

Überhaupt nicht! Volketswil setzt sich für einen starken, innovativen und umweltfreundlichen Flughafen Zürich ein. Der Flughafen ist der ­Motor der Wirtschaftsregion und schafft viele hochwertige Arbeitsplätze, auch in Volketswil. Die ­Gemeinde ist auch Kleinaktionärin des Flughafens und übt ihre Mit­wirkungsrechte aus. Die An- und Abflüge müssen aber fair verteilt und über bevölkerungsschwache Gebiete abgewickelt werden. Das Fluglärmforum Süd setzt sich zum Ziel, mit allen politischen und rechtlichen Mitteln die widerrechtlichen und schädlichen Südanflüge zu stoppen und Südabflüge zu verhindern. Gleichzeitig steht für Volketswil auch der Flugplatz Dübendorf im Fokus.

Zu einem anderen Thema: Uster will die neue Greifenseestrasse, welche die Industriestrasse entlasten würde, aus dem Richtplan löschen. Sollte dies tatsächlich passieren, was wären dann die Alternativen für Volketswil?

Die Entlastung und Attraktivitätssteigerung der Industriestrasse ist für den Gemeinderat seit Jahren ein wichtiges Thema. Im Masterplan 2050 hat der Kanton und alle betroffenen Gemeinden hierzu ein klares Bekenntnis abgegeben. Dies soll nun auf einmal nicht mehr gelten. Gleichzeitig wird der Verkehr von Greifensee, Nänikon-Industrie und Niederuster durch unser Industriegebiet abgewickelt. Dies ist ein klarer Widerspruch. Natürlich wehrt sich der Gemeinderat! Wir wollen eine faire Lösung, die unsere Entwicklungsmöglichkeiten nicht behindert. Ich verweise hierzu auf das anstehende Projekt der Post auf dem früheren Waro-Areal oder allfällige Umnutzungen von Industriebrachen oder Gewerbeliegenschaften.

In Zuschriften an die VoNa scheinen die Meinungen geteilt zu sein. Unter anderem wird dem Gemeinderat vorgeworfen, mit dem Bau des Autobahnzubringers die Klimakrise zu ignorieren. Was sagen Sie dazu?

Die Gemeinde baut nicht die Neue Greifenseestrasse, sondern der Kanton Zürich. Dieses Projekt ist seit Jahren aufgegleist und die finanziellen Mittel hierzu sind bewilligt. Der Gemeinderat nimmt den Klimaschutz sehr ernst. Verschiedene Projekte zu Energiethemen (zum Beispiel Solarenergie auf Gemeindeliegenschaften) und zu Verkehrsthemen (zum Beispiel Temporeduktionen) sind in der Prüfung. Die zunehmende Stauproblematik in unserer Gemeinde ist nicht nur eine Belastung für den Klima- und Lärmschutz, sondern ­behindert auch den öffentlichen Verkehr. Ob Homeoffice hierzu eine Entlastung bringen wird, bleibt ­abzuwarten. Für den Gemeinderat steht ein qualitatives Wachstum im Mittelpunkt. Volketswil ist und bleibt eine attraktive Gemeinde mit Zukunftspotenzial, sowohl als Wohn- als auch als Arbeitsort!

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