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«Wir sind alles Interessierte und keine Konkurrenten»

Erstellt von Toni Spitale | |   News

Auf Einladung der Interparteilichen Konferenz standen die fünf Kandidierenden für die Sozialbehörde den Wählerinnen und Wählern Red und Antwort. Dabei gab Gemeinderat North einen etwas vertiefteren Einblick in ein Gremium, das vorwiegend hinter verschlossenen Türen seine Arbeit verrichtet.

 

Der Aufmarsch vor kurzem in der Mehrzweckhalle von Gutenswil war unerwartet gross. Ad hoc mussten noch zwei zusätzliche Stuhlreihen aufgestellt werden, um allen Gästen einen Sitzplatz zu ermöglichen. Gabriela Stüssi, Präsidentin der FDP und Co-Gastgeberin, zeigte sich dementsprechend überrascht und erfreut zugleich über das grosse Interesse an der Ersatzwahl in die Sozialbehörde. «Es ist schön, dass wir heute ein bisschen gelebte Demokratie haben», ergänzte der Co-Gastgeber David Fischer, Präsident der örtlichen SVP.

Einen Gegenpol setzen

Im Halbkreis vor dem Publikum sassen die fünf Kandidatinnen und Kandidaten. Dem Alphabet nach durften sie sich in einer ersten Runde kurz vorstellen: Janine Egloff, Kandidatin und Vorstandsmitglied der FDP, daneben noch im Dorfverein, im Wahlbüro und in der Bürgerpatrouille tätig, hat durch ihre berufliche Tätigkeit in einer Wohnbaugenossenschaft tagtäglich mit sozial schwächeren Menschen zu tun, die auf eine günstige Wohnung angewiesen seien, wie sie erzählte. «Allgemein bin ich sehr interessiert am Geschehen in und um Volketswil.» Zuverlässig, interessiert, verständnisvoll und objektiv sei sie und könne sich sehr gut in ein Team integrieren.

Schon seit ihrem ersten Lebensjahr in Volketswil wohnhaft ist die Parteilose Patricia Forrer, Mitglied im Handballclub Volketswil. Beruflich ist sie seit Abschluss ihrer Lehrzeit auf einer Verwaltung im Sozialen tätig und hat in diesem Bereich auch verschiedene Ausbildungen absolviert. Aktuell arbeitet sie beim Sozialdienst der Stadt Kloten. «Ich bin ein Familienmensch und bin in Volketswil etabliert, deshalb stelle ich mich auch zur Wahl.» Da sie die verwaltungstechnische Seite des Sozialamts bereits gut kenne, reize es sie, nun auch mal die andere Seite kennen zu lernen.

Michael Grüebler, Anwärter der Grünen Partei, ist in einem Reihenfamilienhaus im Chapf aufgewachsen. Er habe bislang ein gutes Leben gehabt und habe dadurch die Möglichkeiten, auch anderen zu helfen. «Das Soziale habe ich sozusagen im Blut.» Wenn man Menschen helfen wolle, habe die Menschlichkeit letzten Endes immer Vorrang. Er glaube prinzipiell ans Gute im Menschen, wisse aber als Co-Direktor eines Unternehmens durchaus, wie man mit Geld umgehe. Als Vertreter der Linksparteien möchte er aber auch einen Gegenpol im bislang vom bürgerlichen Lager dominierten Gremium setzen.

Die Kandidatin der Mitte, Maya Holzmann, stammt ursprünglich aus dem Aargau, wohnt aber schon seit Jahrzehnten im Kanton Zürich. Nach ihrem Zuzug nach Volketswil war sie zuerst als Tagesmutter tätig, danach arbeitete sie in der EPA, am «Zänti»-Kiosk sowie als Sakristanin. Schon seit jeher sei sie gut in die katholische Pfarrei Bruder Klaus integriert. «Ich möchte bei der Problemlösung mithelfen, deshalb kandidiere ich für die Sozialbehörde», sagte sie zu ihrer Motivation.

Er sei der Zugezogene, erklärte Andreas Pinsini, Kandidat der Grünliberalen. Ursprünglich ist er Landschaftsgärtner von Beruf, war aber schon von ganz früh auf in der katholischen Kirche in Steckborn engagiert gewesen. Heute ist er als Religionslehrer und Jugendleiter in der Stadt Zürich tätig. Er sei flexibel, packe gerne an und sei es gewohnt, im Team zu arbeiten. «Mir liegt der Mensch am Herzen. Und es gibt auch nicht den Fall, sondern es sind immer spezifische Fälle und Lebens­situationen.» Man müsse Menschen mögen, um dieses Amt auszuüben.

Detektive und hohe Kosten

In einem zweiten Teil bezogen die Kandidierenden Stellung zu Fragen, welche von den Parteien im Vorfeld eingereicht worden waren. Eine dieser Fragen zielte darauf ab, herauszufinden, wodurch sich die fünf Kandidierenden unterscheiden. Andreas Pinsini meinte: «Jeder von uns hat seine Stärken und seine Schwächen. Wir haben das Glück in Volketswil, dass sich drei Frauen und zwei Männer für dieses Amt einbringen wollen. Das steht im Mittelpunkt, und deshalb sind wir auch alles Interessierte und keine Konkurrenten.» – «Was wäre der Mehrwert für die Behörde, wenn Janine Egloff gewählt würde?», lautete eine weitere Frage. Die FDP-Kandidatin antwortete, dass durch ihre Persönlichkeit das Team vervollständigt würde und sie ausserdem bereit wäre, sich «voll und ganz» einzuarbeiten und sich das nötige Fachwissen anzueignen. Bei welchem Thema, ganz unabhängig vom Amt, sieht Maya Holzmann den grössten sozialpolitischen Handlungsbedarf? Bei Sozialbezügern mit Kindern, damit diese trotz den Umständen die Möglichkeit hätten, ihren Kindern eine Lehre zu ermöglichen. Michael Grüebler schliesslich wurde mit der Frage konfrontiert, was er von Sozialdetektiven halte: Er habe sich dazu noch keine abschliessende Meinung bilden können. Tendenziell sei er eher dagegen, denn Detektive würden für ihn nach Misstrauen tönen. «Mein grundsätzliches Gefühl ist, dass Menschen nicht in der Sozialhilfe landen wollen.» Wie sie den steigenden Kosten im Sozialwesen einen Riegel schieben würde, dazu hatte Patricia Forrer eine Meinung abzugeben: Sie würde bei den Kosten für Massnahmen, welche von übergeordneten Stellen wie einer Kesb angeordnet seien, genauer hinschauen und die Massnahmen kritisch hinterfragen. Man solle nicht einfach immer alles schlucken, was einem von oben her aufgebrummt werde.

"Nichts geht raus, auch nicht an den Gemeinderat"

Er habe sofort zugesagt, als er ­angefragt wurde, ob er etwas über die Aufgaben der Sozialbehörde ­erzählen könne. «Ehrlich gesagt, wer weiss denn schon, was die ­Sozialbehörde macht?», begrüsste der Sozialvorstand Daniel North das Publikum. Am Anfang habe er auch nicht viel darüber gewusst. Aber dies sei bei allen politischen Ämtern der Fall. «Man ist gewählt, dann nimmt man die Arbeit auf und ist überrascht.»

Integration in den Arbeitsmarkt

Die Hauptaufgabe der Sozialbehörde ist die Gewährung der wirtschaftlichen Hilfe. In Volketswil werden Sozialhilfeempfangende anhand der sogenannten Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) unterstützt und die Gerichte würden sich immer auf die Skos-Richtlinien abstützen. Die finanzielle Hilfe setzt sich aus drei Teilen zusammen: Miete, Krankenkassenprämie und persönlicher Grundbedarf. Wer erstmalig um Sozialhilfe bittet, reicht ein Gesuch ein, das durch die Behörde geprüft wird. Danach wird der Fall mindestens einmal im Jahr überprüft. Es werden auch Auflagen und Weisungen erlassen: Wer nicht krank ist, wird in ein Arbeitsprogramm geschickt, wer nicht Deutsch kann, muss einen entsprechenden Kurs besuchen. «Unser oberstes Ziel ist immer, die Leute möglichst schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Und das funktioniert umso besser, je weniger die Leute zu Hause herumsitzen», veranschaulichte North. Wer sich wiederholt nicht an die Auflagen halte, der könne sanktioniert werden. Beim ersten Mal werden 15 Prozent vom Grundbedarf gestrichen, bei einem zweiten Mal nochmals 15 Prozent. Für die betroffene Person sei dies dann schon ziemlich happig. Weiter erarbeitet die Behörde diverse Strategien. Ganz aktuell befasse sich das Gremium mit der Frage, wie man mit Langzeitkranken umgehen soll. Zudem gibt die Sozialbehörde immer wieder Stellungnahmen zuhanden des Gemeinderats und im Rahmen von neuen Gesetzesentwürfen ab.

Fälle kritisch hinterfragen

Als eigenständige Behörde mit eigener Weisungsbefugnis stehen die Sozialhilfefälle unter Amtsgeheimnis. «Nichts geht raus, auch nicht an den Gemeinderat», betonte North. Die Schweigepflicht sei eine der Grundvoraussetzungen, um in dieser Behörde mitzuarbeiten. Weiter müsse die Bereitschaft vorhanden sein, sich in die Dossiers einzuarbeiten und die Fälle kritisch zu hinterfragen. Alles sei aber erlernbar. Den Aufwand bezifferte North mit einer monatlichen Sitzung mit einer Dauer bis zu zweieinhalb Stunden plus einer Vorbereitungszeit von jeweils zwei bis drei Stunden. «Derzeit dauern die Sitzungen eher weniger lang, weil es nicht so Fälle hat, da Vollbeschäftigung herrscht», warf North ein. Hinzu komme noch die Teilnahme an Weiterbildungsanlässen sowie an einem einmal pro Jahr stattfindenden Controlling, bei dem einzelne Fälle nach dem Zufallsprinzip im Detail angeschaut würden. Jedes Mitglied erhält jährlich eine Pauschalentschädigung von 2500 Franken. Darin eingeschlossen sind zwölf Sitzungen.

Intensiv gegen Missbrauch

Als aus dem Publikum die Frage aufgeworfen wurde, wie die Kandidierenden gedenken, gegen einzelne Sozialhilfemissbräuche vorzugehen, verlangte North nochmals das Wort. Sozialhilfemissbrauch sei gegen aussen immer ein grosses Thema. Er räumte zwar ein, dass Missbrauch vorkommt. «Aber wir reden hier von Einzelfällen. Und glauben Sie mir, denen kommen wir auf die Schliche.» Mit der Revi­sionsstelle verfüge die Behörde über eine Fachperson, welche die Dossiers ganz fokussiert nach Missbrauch durchkämme. Zu Beginn seiner Tätigkeit in der Sozialbehörde seien für zwei Fälle Sozialdetektive aufgeboten worden. Detektive seien aber relativ teuer und bringen relativ wenig, so das Fazit von North. Sie würden in der Regel eingesetzt, um herauszufinden, ob jemand «schwarz» arbeite. «Früher oder später finden wir das auch selber heraus. Da gibt es ganz verschiedene Tricks, die auch uns bekannt sind.» Dann gebe es auch noch diejenigen, welche jeden Monat von einem anderen Arzt ein Zeugnis vorlegen würden. «Für solche Fälle haben wir unseren Vertrauensarzt, und der hinterfragt dann sehr schnell.» Auch für Leute, die angeblich nicht arbeiten können, gebe es Tätigkeiten in diversen Institutionen, in denen sie einen geregelten Tagesablauf bekämen. «Missbrauch bekämpfen wir intensiv. Wir haben einzelne, herausfordernde Fällen, deren Dossiers wir ganz intensiv anschauen und bearbeiten.» In manchen Fällen dauere es bis zu mehreren Jahren, bis alle Rechtsstreitigkeiten beendigt seien. «Aber wir ziehen das konsequent durch», versicherte North.

Die Ersatzwahl für ein Mitglied der Sozialbehörde findet am Sonntag, 12. März, statt.

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