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Die Vorlage zur Einheitsgemeinde ist umstritten

Erstellt von Pia Meier | |   Unsere Zeitung

Am 15. Mai entscheiden die Stimmberechtigten von Volketswil über die Einzelinitiative von Klaus Näder zur Einheitsgemeinde. Die Schulpflege empfiehlt die Ablehnung der Vorlage, der Gemeinderat hingegen will sie annehmen. Bei einem Anlass der interparteilichen Konferenz erzählten Gemeinde- und Schulpräsidien von ihren Erfahrungen.

Die Schulpflege  und  der  Gemeinderat Volketswil unterbreiten den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern am 15. Mai  die  Einzelinitiative  «Einheitsgemeinde» von  Klaus  Näder  vom  12.  Dezember  2019  zur  Abstimmung. Der Initiant will, dass darüber abgestimmt wird, ob die Schulgemeinde Volketswil  aufgelöst  werden  soll,  respektive  die  Schulaufgaben  durch  die  Politische  Gemeinde Volketswil übernommen werden sollen (Bildung einer Einheitsgemeinde). Da die Initiative in Form einer allgemeinen Anregung eingereicht wurde, ist am 15. Mai 2022 in einem ersten Schritt darüber zu befinden, ob die beiden  Behörden die  Ausarbeitung  einer  konkreten  Umsetzungsvorlage  zur Bildung einer Einheitsgemeinde an die Hand nehmen sollen oder nicht. Dieses Vorgehen entspricht einer sogenannten Erheblicherklärung. Die Schulpflege beantragt den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die Ablehnung der Initiative, der Gemeinderat hingegen die Annahme. Bei einem Ja an der Urne wird eine Umsetzungsvorlage Auflösung der Schulgemeinde und Revision der Gemeindeordnung politische Gemeinde ausgearbeitet. Dafür haben die Beteiligten 18 Monate Zeit. Dann kommt es zu einer zweiten Abstimmung. Erst bei einem Ja zu dieser Abstimmung nimmt die politische Gemeinde Volketswil die Aufgaben der aufgelösten Schulgemeinde wahr. Bei einem Nein am 15. Mai bleibt alles beim Alten.

«Das Gelingen hängt von den Beteiligten ab»

«Es gibt Rahmenbedingungen, aber einiges hängt von der Gemeinde ab», hielt Jörg Kündig, Präsident des Verbandes der Gemeindepräsidien des Kantons Zürich GPV, bei einer Informationsveranstaltung der Interparteiliche Konferenz IPK Volketswil. «Es bestehen verschiedene Modelle einer Einheitsgemeinde», betonte Kündig. Die Schulpflege bleibe aber in jedem Fall bestehen. Sie bilde sich aus mindestens fünf Mitgliedern einschliesslich Präsidium. Die Gemeindeordnung bestimme deren Zahl. Das Präsidium ist Mitglied des Gemeindevorstandes. Die Schulpflege sei eine eigenständige Kommission wie zum Beispiel die Sozialbehörde, so Kündig. Betreffend Wahl Präsidium gebe es drei Varianten: Das Präsidium wird im Rahmen der Schulbehördenwahlen an der Urne gewählt, die Stimmberechtigten wählen im Rahmen der Wahl der Mitglieder des Gemeinderats auch das Schulpräsidium oder es gebe eine Urnenwahl, wo Präsidium und Mitglieder des Gemeinderates gewählt würden. Bei der letzten Variante konstituiert sich der Gemeinderat selber. «Die Variante können die Gemeinden gemäss ihrer Gemeindeordnung selber bestimmen», hielt Kündig fest.

Beim anschliessenden Podium erzählten Kündig sowie Doris Meier-Kobler, Gemeindepräsidentin Bassersdorf, Hans Stutz, Schulpräsident Bassersdorf, Tobias Bolliger, Gemeindepräsident Egg, und Kurt Portmann, Schulpräsident Lindau, von ihren Erfahrungen bei der Bildung einer Einheitsgemeinde. Wie Yevgeniya Frei, IPK-Präsidentin, bereits einleitend festgehalten hatte, wurde nur von den Erfahrungen in anderen Gemeinden erzählt. Anwesende kritisierten allerdings, dass ausschliesslich Vertreter von positiven Beispielen am Podium beteiligt waren. Im Kanton Zürich gebe es mindestens drei Gemeinden, die die Einheitsgemeinde negativ erlebt hätten. So könne man sich keine Meinung bilden. Es fehle das Kontradiktorische. Die FDP war zudem am Anlass nicht beteiligt. Sie habe bereits die Nein-Parole herausgegeben, wurde mitgeteilt. Die Parteien SP, Grüne, GLP, Die Mitte und SVP hingegen waren vertreten.

Die Podiums-Teilnehmenden wiesen darauf hin, dass die Kommunikation zwischen Gemeinderat und Schulpflege zentral sei. «Gemeinde- und Schulpräsidium müssen am gleichen Strick ziehen», betonte Bolliger. Sie verhehlten allerdings nicht, dass es Zeit, Energie, personelle Ressourcen und Finanzen braucht. Es verändere sich aber zum Positiven, denn es werde ein neuer Wert gewonnen. «Es ist keine Sparvorlage», hielt Kündig fest. «Die höheren Anfangskosten sind einmalig», meinte Stutz. «Es dauert ein paar Jahre, bis die Einheitsgemeinde verankert ist», erzählte Portmann. «Wichtig ist es, Vertrauen zueinander zu schaffen», bemerkte Meier-Kobler. Sie hätten in Bassersdorf vorher die Diskussion geführt. Dass weniger Transparenz herrsche bezüglich Finanzen beziehungsweise Budget bei einer Einheitsgemeinde, verneinten die Anwesenden. Portmann räumte allerdings ein, dass die Schulpflege bei den Kosten Liegenschaften grosszügiger gewesen wäre als der Gemeinderat. Stutz hielt fest, dass die Schulpflege sich in einer Einheitsgemeinde auf Aufgaben konzentrieren kann, währenddem sie von anderem entlastet wird. Meier plädierte dafür, dass man daran arbeitet, dass alle am gleichen Strick ziehen. Dass es in ein paar Gemeinden nicht gut laufe, hänge von den Menschen ab. Dass der Autonomieverlust der Schulpflege zu einer Qualitätseinbusse führe, wurde von den Podiumsteilnehmen bestritten. «Im Alltag ändert sich nichts», fasste Moderator Stefan Karl zusammen

Die Anwesenden gaben sich kritisch. So meinte eine Person, der Gemeinderat würde die Schulpflege entmündigen. Zudem wurde festgehalten, dass die Schulpflege in Volketswil ein starkes Gremium sei und dass es an Vertrauen zwischen Gemeinderat und Schulpflege fehle. «Es ist folglich nicht der richtige Zeitpunkt für eine Einheitsgemeinde.»

Unterschiedliche Arbeitskulturen

In den Abstimmungsunterlagen hält die Schulpflege Volketswil Folgendes fest: «Um dem Begehren des Initianten nachzukommen und die entsprechenden Bereiche in gemeinsamen Diskussionen miteinander zu beleuchten, fanden zwischen der Schulpflege Volketswil und dem Gemeinderat Volketswil mehrere Workshops statt. Bedauerlicherweise konnten sich die Behörden nicht in allen Bereichen einigen.» Vor allem aber habe sich gezeigt, dass sehr unterschiedliche Arbeitskulturen und im Grundsatz verschiedene Ansichten zwischen den zwei Gemeinden bestehen würden. «Unter diesen Voraussetzungen erscheint der Schulpflege Volketswil die Ausarbeitung einer gemeinsam getragenen Umsetzungsvorlage nicht sinnvoll.» Dennoch hätten die Behörden nach der Erheblicherklärung der Einzelinitiative zusammen eine Vorlage auszuarbeiten. Der Lead läge dafür beim Gemeinderat. Dabei müssten die grundlegenden und aktuellen Anliegen und Bedürfnisse der Schule ausreichend berücksichtigt werden, und die beiden Gemeinden müssten intensiv an einer Zusammenführung der unterschiedlichen Kulturen arbeiten. «Aufgrund der bisherigen Workshops hat die Schulpflege Zweifel, dass das gelingen wird.» Der Übergangsprozess werde viele personelle Ressourcen binden, die dann für die übrigen Aufgaben fehlten. Ausserdem würden unnötige Kosten verursacht. Die Schulpflege Volketswil empfiehlt daher den Stimmberechtigten ein Nein zur Erheblicherklärung der Einzelinitiative «Einheitsgemeinde» von Klaus Näder.

Zielgerichtete Weiterentwicklung

Der Gemeinderat Volketswil sieht dies anders, wie er in den Abstimmungsunterlagen festhält. Er befasse sich schon seit Jahren mit dem Thema Einheitsgemeinde und sehe darin eine grosse Chance und Notwendigkeit für eine zielgerichtete und koordinierte Weiterentwicklung der Gemeinde Volketswil. Deshalb sei die Frage, ob auch Volketswil diesen Schritt wagen soll, es wert, genau geprüft zu werden. Im Vorfeld hätten sich die Schulpflege und der Gemeinderat mit den Rahmenbedingungen einer künftigen Zusammenarbeit auseinandergesetzt. «Dabei konnten sich die beiden Behörden auf wichtige strategische Eckwerte eines Miteinanders einigen». Diese Eckwerte sind: Das Präsidium der Schulpflege soll auch weiterhin durch das Volk gewählt werden, die Schulpflege bleibt eine eigenständige Kommission, die Anzahl der Mitglieder der Schulpflege soll unverändert beibehalten werden, die Schulpflege behält weiterhin das direkte Antragsrecht an die Gemeindeversammlung und die heutige Finanzkompetenz der Schulpflege bleibt unverändert. «Mit diesen bereits erzielten Einigungen ist eine tragfähige Basis für die Weiterbearbeitung gelegt», betont der Gemeinderat. Der Gemeinderat sehe die Vorteile einer Einheitsgemeinde. Doppelspurigkeiten können eliminiert und Synergien genutzt werden. Und vor allem trete die Gemeinde in Zukunft als Einheit auf, was die Position gegenüber dem Kanton und weiteren Verhandlungspartnern stärke.


Steigende Entwicklung

Im 2019 gab es im Kanton Zürich 162 politische Gemeinden. Seit anfangs 2022 hat es 73 Schulgemeinden. Von den 162 politischen Gemeinde sind 103 mit Volksschulaufgaben. Diese Zahl ist stark gestiegen und die Entwicklung hält an, wie Jörg Kündig ausführte. 80 Prozent der Zürcher Bevölkerung leben in politischen Gemeinden, die auch Aufgaben der Volksschule wahrnehmen.

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