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"Nichts zu machen wäre ein grosser Fehler"

Erstellt von Toni Spitale | |   News

In der Kuspo Gries wurden am Freitagabend viele Fragen und ein Abänderungsantrag gestellt. Letztendlich genehmigten die 111 Stimmberechtigten der Politischen Gemeinde und die 85 Stimmberechtigten der Schulgemeinde alle Geschäfte mit grossem Mehr. 

Aus aktuellem Anlass erschien der Gemeindepräsident Jean-Philippe Pinto mit rotem Schal der Schweizer Nati auf dem Podest. Der Gemeinderat habe, als er vor zwei Jahren das Datum für die heutige Versammlung festlegte, alles versucht, um die Fifa von einer Verschiebung des Spiels zu überzeugen - leider ohne Erfolg, witzelte Pinto. Erfolg hatten an diesem Abend die Fussballer, die sich mit einem 3:2 ins Achtelfinal schossen - und die beiden Behörden Gemeinderat sowie Schulpflege.

Erwartungsgemäss gab der Kreditantrag von 250 000 Franken für eine Standortförderung am meisten zu diskutieren, kündigten die SVP und Leserbriefschreiber dieser Zeitung doch schon im Vorfeld Opposition an. Volketswil habe ein "unklares Profil", es sei unklar, wo die Gemeinde positioniert sei und dieses Manko mache es schwierig, neue Firmen anzulocken. "Wir sind, wie Sie wissen, in einer Top-Region, und davon wollen wir profitieren." Bei der Standortförderung gehe es nicht zuletzt darum, Volketswil marketingtechnisch besser zu verkaufen, versuchte der Gemeindepräsident das Geschäft den Stimmberechtigten schmackhaft zu machen. Dazu brauche es Spezialisten, die den Gemeinderat unterstützen würden. Das Mandat soll 50 Stellenprozente betragen. Es sollen messbare Jahresziele festgelegt werden, die dann auch kontrolliert würden.  Michael Wyss, Präsident der Rechnungsprüfungskommission, unterstützte das Ansinnen des Gemeinderates, ein "Out of Verwaltungsapparat"-Denken sei begrüssenswert. Das Ziel müsse es sein, die Steuerkraft wieder zu erhöhen. "Die tiefe Steuerkraft macht uns abhängig", mahnte Wyss. Drei weitere Votanten stellten sich ebenfalls hinter den Antrag: "Nichts zu machen wäre ein grosser Fehler", gab ein Redner aus der Reihen der FDP zu bedenken. Er hat sich extra die Mühe genommen, um den Leerstand an Gewerbeflächen mit anderen Gemeinden in der Region zu vergleichen. Mit dem Resultat, dass Volketswil obenaufgeschwungen sei. David Fischer teilte namens seiner Partei mit, dass die SVP der Meinung sei, der Gemeinderat müsse das Thema selber an die Hand nehmen, denn er wisse doch am besten, wo es in der Gemeinde Leerstände gebe. SVP-Kantonsrätin Rita Maria Marty lastete dem Gemeinderat das Versäumnis an, zu wenig getan zu haben, um abwanderungswillige Firmen an Ort zu behalten. Die Behörde versuche nun diesen Fehler durch die Schaffung einer neuen Stelle zu vertuschen. "Ich weiss wirklich nicht, was man an der Attraktivität Volketswils noch verbessern könnte", fragte sich ein bekannter Leserbriefschreiber aus Gutenswil. Er rief in Erinnerung, dass die aktuelle Wirtschaftslage überall - und nicht nur in Volketswil - schwierig sei.  Alfons Solèr von der Mitte hatte grundsätzlich nichts gegen die Schaffung einer Standortförderung einzuwenden, stellte aber einen Antrag, diese vorerst auf fünf Jahre zu begrenzen. Eine Standortförderung auf Probe fand auch Anklang bei einem Votant mit bürgerlicher Provenienz. Das Abstimmungsresultat fiel dann äussert knapp aus. Anscheinend fanden auch noch weitere Stimmberechtigte Gefallen an diesem Kompromis-Vorschlag. Mit lediglich 57:46 Stimmen wurde der Antrag der Mitte abgelehnt. In der Schlussabstimmung obsiegte der ursprüngliche Antrag des Gemeinderates mit 81 Ja- zu 20-Neinstimmen deutlich.

Volketswil am Topf des Finanzaugleichs

Die Problematik der tiefen Steuerkraft zog sich wie ein roter Faden durch den Abend. Bei den Ausführungen zum Budget 2023 hielt der Finanzvorstand Jean-Philippe Pinto fest, dass die Steuerkraft aufgrund des Wegzugs der La Prarie-Group weiter sinken werde. Das Verhältnis der Steuereinnahmen von bisher 80 Prozent natürlicher Personen zu 20 Prozent juristischer Personen werde sich neu bei 90:10 einpendeln. Er hoffe, dass das Unternehmen seinen Standort erst 2024 in die Stadt Zürich verlege. Dies würde im nächsten Jahr zu einem besseren Ergebnis führen. Ein Viertel der gesamten Einnahmen erhält Volketswil aus dem Finanzausgleich. "Unser Ziel muss es sein, aus dem Finanzausgleich rauszukommen", stellte Pinto klar. Ein weiteres Ziel sei die langfristige Beibehaltung des Steuerfusses bei 38 Prozent. Mit Rückblick auf die vergangenen Jahre vermochte der Finanzvorstand immerhin einen Lichtblick auszumachen. Dank konservativer Budgetierung seien die Abschlüsse meist besser ausgefallen als budgetiert. Das wird laut Pinto auch in diesem Jahr wieder der Fall sein. Der Rechnungsprüfungskommission bereitet vor allem die finanzielle Entwicklung bei der VitaFutura Sorgen. Als Alleinaktionärin müsse die Gemeinde die Verluste selber tragen. Die Beteiligung am Alters- und Pflegezentrum bezeichnete Wyss also grösstes finanzielles Risiko für die Steuerzahlenden. Er bat den Gemeinderat um "höchste Aufmerksamkeit". In gleiche Horn stiess die FDP-Präsidentin Gabriela Stüssi: Der Gemeinderat müsse die Geschäftsentwicklung bei der VitaFutura AG "engmaschig und konsequent kontrollieren". Pinto versicherte, dass dem Gemeinderat der Ernst der Lage durchaus bewusst sei. "Wenn die Belegung schlecht ist, sind auch die Zahlen nicht gut." Der Gemeinderat hoffe, dass sich die Auslastung mit dem Neubau verbessere und die VitaFutura ab 2025/26 wieder schwarze Zahlen schreibt. Kritik aus der Versammlung gab es weiter an den steigenden Personalkosten von 6 Prozent gegenüber Vorjahr bei der Gemeindeverwaltung. Pinto konterte, dass die Verwaltungskosten pro Einwohner im Vergleich mit anderen Gemeinden im Kanton eher tief seien. In personeller Hinsicht habe Volketswil einen Nachholbedarf zu decken. Hinzu komme, dass die Bürgerinnen und Bürger stets mehr Leistungen von der Verwaltung einfordern würden. Das Budget der Politischen Gemeinde mit einem mutmasslichen Ertragsüberschuss von 722'000 Franken wurde eintimmig gutgeheissen und der Steuerfuss unverändert bei 38 Prozent belassen.

Etwas Gutes für die Perle Gutenswils

Der neue Hochbauvorstand Marcel Egloff präsentierte eine auf den ersten Blick eher schwer verständliche Vorlage: die Genehmigung der Teilrevision Bau- und Zonenordnung Gestaltungsplanpflicht Luegisland. Weil das betroffene Grundstück im Ortsteil Gutenswil an einer landschaftlich sensiblen Lage liegt, will es der Gemeinderat für den Fall einer Überbauung "gestaltungsplanpflichtig" machen. Damit würde dem Gemeinderat auch das Recht zugestehen, qualitätssicherende Massnahmen einzufordern, wie es Egloff sagte. Die SVP stellte sich dem Geschäft ablehnend gegenüber. Für die Partei, die bauen wolle, stelle der Gestaltungsplan ein zusätzliches Hindernis dar, gab Fischer den Tenor aus der Mitgliederversammlung wieder. Rückenwind für die Pflicht gab es von einem Einwohner aus Gutenswil: Es handle sich um die "Perle Gutenswils" und es sei wohl im Interesse aller, dass auf dem Grundstück etwas Gutes passiere. Der Antrag des Gemeinderates wurde bei vereinzelnten Gegenstimmen gutgeheissen.

Bereits zu fortgeschrittener Stunde, wenige Minuten vor dem Schlusspfiff im WM-Spiel Schweiz - Serbien, eröffnete Yves Krismer die Versammlung der Schulgemeinde. Dazu anwesend waren noch 85 Stimmberechtigte. "Den einen ist es wohl zu kalt geworden und die anderen wollen sich noch den Rest des Spiels anschauen", vermutete Krismer. Bevor Raffaela Fehr das Budget 2023 im Detail präsentierte, machte der Schulpräsident ein paar ergänzende Bemerkungen zur allgemeinen Entwicklung der Schule Volketswil. Diese lassen sich in etwa so zusammenfassen: Die Schülerzahlen steigen, die Kosten pro Schüler sinken und der Steuerfuss stagniert. Die steigenden Schülerzahlen hätten zu einem Wachstum beim Lehrpersonal um elf Prozent seit dem Jahr 2019 geführt. Gleichzeitig arbeite die Schulpflege fest daran, die Kosten pro Schulkind tief zu halten. Und trotz dem steten Wachstum und den zahlreichen Investitionen in jüngster Vergangenheit sei der Steuerfuss seit 2003 bis heute unverändert bei 45 Prozent geblieben. Weiter streifte Krismer noch den vorherrschenden Fachkräftemangel an den Schulen, ein Phänomen, das aus seiner Sicht nicht ganz unerwartet aufgetreten sei. Dank dem Einsatz von Lehrpersonen ohne pädagogische Ausbildung könne die Not an der Schule Volketswil überbrückt werden. Das wichtigste Anliegen der Schulpflege sei es, dass die Attraktivität der Schule Volketswil als Arbeitgeberin hoch bleibe. Die Fluktuation von unter zehn Prozent bestätige, dass man mit diesem Ziel auf dem richtigen Weg sei. Zum Thema Energiemangellage informierte Krismer, dass in Zusammenarbeit mit den Schulen im Bezirk ein Notfallplan ausgearbeitet worden sei und dass der Schulunterricht in jedem Fall stattfinden könne. Den erwarteten, positiven Abschluss von rund einer Million Franken im nächsten Rechnungsjahr wertete die RPK als notwendig, um die zukünftigen Investitionen zu finanzieren. Auch das Budget der Schulgemeinde für 2023 wurde einstimmig gutgeheissen.

Dass die Schule eine Videoüberwachung auf den öffentlich zugänglichen Arealen braucht, um Sachbeschädigungen vorzubeugen respektive um solche künftig besser zu ahnden zu können, verstand das neue Schulfpflegemitglied Michelle Halbheer überzeugend darzulegen. Der Einführung einer solcher Überwachung ab 1. Januar 2023 wurde grossmehrheitlich bei drei Gegenstimmen grünes Licht erteilt.   

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