Treffpunkt ist an diesem milden Herbstabend um 19 Uhr bei der Quartieranlage Steibrugg. Dort steht im Keller der Materialschrank der Bürgerpatrouille Hegnau-Süd. Thomas Fässler und Therese Wunderlin decken sich mit Leuchtwesten, Taschenlampen und Schreibblöcken ein. Tagtäglich streift ein Zweierteam durch den so genannten Kreis 4, der sich vom Chappeli bis zur Industriestrasse und von Zimikon bis an den Chimlibach an der Gemeindegrenze zu Schwerzenbach erstreckt. Normalerweise dauert ein Rundgang zwei Stunden. Der heutige werde jedoch etwas kürzer ausfallen, da ausnahmsweise noch ein zweites Team unterwegs sei, erklärt Fässler, welcher seit 2006 als Patrouilleur im Einsatz steht. Etwas weniger lang ist Therese Wunderlin mit dabei. Sie ist erst vor sieben Jahren mit ihrem Ehemann von der Forch nach Hegnau gezogen.
Verständnisvolle Jugendliche
Draussen ist es bereits dunkel. Schnellen Schrittes verschwindet das Duo in Richtung Ackerstrasse. Zielsicher navigieren die beiden durch die verwinkelte Wohnsiedlung am Chimlibach. «Dort hinten am Brunnen beim Bach», holt Wunderlin aus und streckt ihren rechten Arm in die finstere Nacht, «trifft man oftmals Jugendliche beim Kiffen.» Einer der «Hotspots» im Quartier. Fässler zählt die weiteren Orte auf, wo sich Jugendliche in den wärmeren Monaten gerne in Gruppen aufhalten: Kindergarten Dammboden, Spielplatz in der Höh, Quartieranlage Steibrugg und Schulhaus in der Höh. «Die meisten Jugendlichen sind vernünftig und lassen mit sich reden. Sie wissen auch, dass wir keine Polizei sind und unsere Aufgabe lediglich darin besteht, für Ordnung zu sorgen», erzählt Fässler. Zu brenzligen Situationen sei es in den vergangenen 14 Jahren noch nie gekommen. Von ähnlichen Erfahrungen berichtet auch seine Begleiterin: Schon zweimal habe sie Jugendliche gebeten, ihre liegen gelassene Abfälle doch in einem Kübel zu entsorgen. «Völlig problemlos», bestätigt Wunderlin. Wenn man selber nett und freundlich sei, stosse man bei der Jugend auf Verständnis. Am heutigen Abend ist es rund um die Hegnauer «Brennpunkte» ruhig.
Ausschau nach defekten Strassenlampen
Die Zürcherstrasse wird von den beiden Patrouilleuren rechts liegen gelassen. Im Industrie- und Gewerbegebiet seien schon genug Sicherheitskräfte von privaten Bewachungsfirmen im Einsatz, da mache es wenig Sinn, wenn die Bürgerpatrouille dort auch noch zum Rechten schaue, klärt der Koordinator auf. Dasselbe gelte übrigens auch für die Industrie in Zimikon und das Einkaufsgebiet beim Volkiland. Die beiden Patrouilleure nehmen weiter Kurs in Richtung Hellwies. Ganz automatisch richten sich ihre Blicke während der Tour auch auf die Kandelaber am Wegesrand. Wenn eine Lampe nicht brennt, wird das dem Bauamt weitergeleitet. Auch das gehört zum Jobprofil. Der «Hinterweg» durch den Riethof offenbart dem Mitläufer so manche ihm bislang unbekannte Besonderheiten: eine rote englische Telefonkabine als Hausnummernschild, Wohnraum unter der Erdoberfläche und eine einsame von viel Beton umgebene Tanne, die jeweils zur Adventszeit besonders schön dekoriert werde. Dass man sein Quartier mit der Zeit bis ins hinterste und letzte Detail kenne, sei einer der Vorteile, welche die Bürgerpatrouille biete, räumt Wunderlin ein. «Diese Tätigkeit hat mein Fussfassen in der neuen Wohngemeinde erheblich erleichtert.» Bis in den südlichen Teil Hegnaus, dort wo der Chimlibachweg über die beiden Fussbrücken zum Bahnhof Schwerzenbach führt, ist der Zweiertrupp noch keinem Dutzend Passanten begegnet. Das sei der Normalfall, weiss Wunderlin. Und auch Koordinator Fässler bestätigt: «Viele Leute trifft man jeweils nicht an.» Oftmals seien es Bewohnerinnen und Bewohner, die mit ihren Vierbeinern Gassi gehen würden. Volketswil sei halt, mal abgesehen von den einzelnen Brennpunkten, ein Schlafkaff. Nichtsdestotrotz werde aber die freiwillige und präventive Arbeit der Bürgerpatrouille geschätzt, spürt Fässler. Immer wieder gebe es ein Dankeschön, und im Sommer komme es auch vor, dass man mal spontan zu einem Bier eingeladen werde.
Überalterung als grosses Problem
Dass während des Lockdowns in diesem Frühjahr mehr Betrieb auf den Strassen, Gassen und Plätzen im Quartier vorherrschte als üblich, kann Fässler objektiv gesehen nicht bestätigen. «Während drei Monaten hatten wir unseren Dienst ausgesetzt, da der Grossteil unserer Patrouilleure der Risikogruppe angehören.» Die Überalterung ist übrigens das grösste Problem, mit dem die Bürgerpatrouillen Volketswils derzeit zu kämpfen haben. «Es fehlt uns an jungen Leuten, am Nachwuchs», bringt es der langjährige Koordinator auf den Punkt und fügt mit einem Augenzwinkern an, dass als Junge auch solche «unter 50 Jahren» gemeint seien. Suspekte Autos Mittlerweile hat die Zweierpatrouille die stark befahrene Achse Stations-/Industriestrasse erreicht. Automatisch verlangsamen die vorbeifahrenden Autos ihre Geschwindigkeit. «Auch auf den Verkehr strahlen wir – wegen unserer Westen – eine präventive Wirkung aus», hält Fässler fest. Das Patrouillieren entlang der Hauptachsen stehe aber nur deshalb auf dem Plan, um schnellstmöglich ins Rütiwisquartier zu gelangen. «Es bringt nichts, wenn wir nun weiter der belebten Industriestrasse entlang laufen. Unsere Arbeit ist dort gefragt, wo es eher ruhig ist.» Auf die Frage, ob es ihm schon gelungen sei, ein Delikt aktiv zu verhindern, verneint Fässler. Er und seine Teammitglieder hätten in der Vergangenheit aber immer wieder ungewöhnliche Situationen der Polizei gemeldet. Eine grössere Sache sei zum Beispiel der Vorfall mit den vielen verdächtigen Autos im Quartier gewesen.
Wechsel in den Kreis 3
Nach knapp einer Stunde ist der Ausgangspunkt wieder erreicht. Fässler und Wunderlin quittieren ihren Dienst in der dafür vorgesehenen Liste. Für den Koordinator neigt sich die Zeit in Hegnau langsam dem Ende entgegen. Er habe sich im Dorf von Volketswil Eigentum gekauft und werde im nächsten Sommer dort einziehen. Er freue sich bereits auf den Wechsel in die Bürgerpatrouille Kreis 3: «Dann lerne ich wieder einmal ein neues Quartier kennen.»
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