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Freiheit verschaffte sich auch ein feuriger Himmel

Erstellt von Arthur Phildius | |   Unsere Zeitung

Statt Feuerwerk, Höhenfeuer und Feuerwehr übernahm die Sonne das Spektakel und sorgte für Wonne, wie auch die Harmonie, die am 1. August auf der Huzlen um alles besorgt war: vom Steak zur Bar, vom Rock zum Marsch.

Für Raffaela Fehrs Freiheits-Tour-d’Horizon war alles angerichtet.

 

«1.-August-Feier 2022» hatte die Politische Gemeinde Volketswil im Flyer als Co-Gastgeberin versprochen. Mal auf dem Haushügel mit Aussicht nachsehen, ob sich eine erstmalige Feier des Monats August 2022 anders präsentieren würde als sonst. Doch die Huzlen anpeilend, zeigte sich fast die Geruchs- Geräusch- und Menschenkulisse wie an jeder früheren 1.-August-Feier, wie die Bundesfeier auch heisst ... Nur etwas fiel hinter den rund 400 Gästen erst nach und nach auf: Der runde Platz fürs Höhenfeuer lag leer da; zwei ­Dimensionen genügten, um ihn zu beschreiben und nicht zu beachten. Ebenso blieb die Wiese hinter den drei Flaggen von Nation (Mitte), Kanton (links) und Gemeinde (rechts) frei von Zündschnüren, Zündhölzern, Vulkanen und Raketen: Absolutes Feuer(werks-)verbot beherrscht – als Flickenteppich und Folge der heissen Trockenheit – viele Gemeinden im Kanton.

Huzlen hell und komplett

Nur die spätere Hauptakteurin mochte sich nicht dran halten, liess aber auf sich warten ... Darum zuerst zu musikalischen Feuerwerken: Die Harmonie Volketswil sorgte gemeinsam mit der Gemeinde und deren Sicherheitsorganen plus Samariterverein derart lange für Bar-, Kuchen- und Grillstände, Toiletten, Fahnenschmuck und Festbänke, dass jede frühere Erinnerung verblasste. Und für gute Unterhaltung mit Musik – nämlich mit mehreren Ohrwürmern aus Pop und Rock der 1980er-Jahre. So etwa mit «Italo Pop Classics». Erich Jahreis: Er arrangierte das strahlende «Sarà perche ti amo» am Anfang; in trotz Ferien fast voller Besetzung zeigte das Orchester hier gerne, wie viel Glanz in ihm steckt. Um danach die tiefe, raue Stimme des bewährten Saxofonisten und Badi-Jazzers Danny Hausherr in «Azzuro» von Italiens tiefem Blau schwärmen zu lassen. Zum Medley deutscher Hits – «80er KULT(tour)» –zählten Titel wie «Skandal im Sperrbezirk», «Rock Me Amadeus» oder «Ohne dich (schlaf’ ich heut’ Nacht nicht ein)». Alles sehr tanzbar – speziell für ein lustiges Mädchentrio mit Freude an Bläsern. Gefühle weckten die Solisten, die gemütliche Weisen schön vorzutragen wussten: Vizepräsident Jonas Meister die «Midnight-Serenade» auf seinem Altsaxofon und Andreas Keyerleber den Slow-Rock «My Dream» als Trompeter. Beide sind, wie Präsident Heiri Arter dankbar ausführte, genau wie viele andere in der «HaVo» und der Musikschule gross geworden. Noch nicht so etabliert ist Danaë Dupuis, aber auch schon gut vier Jahre im Querflötenregister dabei. Sie hatte stets ein freudiges Lächeln auf den Lippen, amtete sie doch als Sympathie- und Mikrofonträgerin für beide Solisten.

Freier Weg ans Rednerpult

Nach dem «Volketswiler Marsch» – mit einem aus dem Tirol an Volketswil angepassten Gesang – und dem «Bundesrat-Gnägi-Marsch» war es an Gemeindepräsident Jean-Philippe Pinto (Die Mitte), die diesmal auserkorene Festrednerin einzuführen. Die FDP war an der Reihe und liess ihre Schulpflegerin (seit 2018) und Kantonsrätin (seit 2019) Raffaela Fehr ans freie Rednerpult: für ihre von etwas Nervosität begleitete Premiere. Doch die mit drei Schwestern in Bachenbülach aufgewachsene Betriebsökonomin und Familienfrau sprach sogleich klar, verständlich, angenehm laut und mit Blickkontakt. Von den drei Grundwerten der Schweiz rücke je nach Aktualität «ein anderer Aspekt in den Fokus»: Freiheit, Verantwortung, Gemeinsinn. Seit Januar präge der Krieg in der Ukraine die Medien: «Damit drängt sich das Thema Freiheit besonders auf.»

Freiheit schützen – wie?

«Dank dem, was unsere Vorfahren geleistet haben», anerkannte Fehr, «leben wir in der Schweiz mit weitreichenden Freiheiten. Wenn einem aber vor Augen geführt wird, wie schnell Freiheit verloren gehen kann, muss man sich fragen: Wie schützen, wie sichern wir unsere Freiheit?» «Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut», soll der griechische Staatsmann Perikles um 490 vor Christus erkannt haben. Wie in der Ukraine für Freiheit zu kämpfen, brauche Mut, doch in anderen Lebensbereichen ebenfalls: um für die teils schwindende Freiheit von uns und unseren Kindern einzustehen. Freiheit einheimischer Energie Fehr unternahm eine Tour d’Horizon durch verschiedene Lebens­bereiche: Sie kritisierte die starke Abhängigkeit von politisch zweifelhaften Energiequellen, der nachhaltige inländische Energie entgegenzusetzen sei. Die Forschung brauche Innovationsstärke, auch durch starke Kooperationen wie das europäische Forschungsprogramm «Horizon 2020». Der Fachkräftemangel vermindere die Entscheidungsfreiheit. Anders als bei Lieblingsprodukten gehe es in der medizinischen Grundversorgung «ans Lebendige». Sie wünscht «mehr Gesundheitskompetenz von jedem Einzelnen» und Diskussionen um Nötiges und Wünschenswertes. Neue, freiere Arbeitsformen, Zeit- und Ortsmodelle könnten den Arbeitsmarkt befreien, die «steigende Fülle an Gesetzen» zu prüfen, helfe hier: «Oftmals sind wir in Sachen Freiheit unser eigener Feind.» Da sei nebst der Solidarität und der Verantwortung auch zu überprüfen: «Wird das freiheitliche Zusammenleben gestärkt?» Kommunal erkannte sie ähnliche Muster wie vorher, wenn sich nun Schul- und Politische Gemeinde für die Einheitsgemeinde finden sollten: «den Zielkonflikt zwischen positiver Vernetzung und negativer Abhängigkeit». Für die Balance «muss für die Freiheit entschieden werden». Die Schweiz sei innovativ und mutig. «Und wir, wir alle sind die Schweiz».

Bevor Pinto seine Kantonsratskollegin mit festem Händedruck und lobendem Schulterklopfen empfing, schaute sie noch auf die starke Bewölkung und meinte erleichtert ins Mikrofon mit Windrauschen: «Ich bin froh, dass das Wetter gehalten hat bis zum Schluss meiner Rede.» Sie dauerte 14 Minuten. Fast noch in den warmen, massvollen Applaus hinein entfuhren dem Wolkengrau die ersten Regentropfen. Doch der Gemeindepräsident konnte sein Publikum nochmals ­holen, bevor es sich nach dem Festakt zügig unter Schutzdächer verzog: «Unsere Fussballerinnen sangen kürzlich an der Europameisterschaft laut mit, ganz im Unterschied zu den Männern. Das hat mich stolz gemacht!»

Ein kleiner Abglanz davon hallte andächtig über den Festhügel. Doch so richtig in Glanz hüllte sich die Huzlen erst dann, als fast alle Tische leergefegt waren: Aus einem erst silbernen, dann orangen, schmalen Streifen am Westhorizont wurde plötzlich das, was Kinder mit ihren Gemeindelampions und Elektro­kerzen ausprobiert hatten: Quasi ein Schalter ging an, ergreifend warmes Licht erfasste die Huzlen und blendete manches Auge. Das Zentral­gestirn sandte sein Leuchtfeuer herbei, liess die Ergriffenen auf den verlassenen Feuerwerksplatz strömen und ihre Kameras zücken. Die Verbliebenen werden noch lange über dieses intensive Farbenfeuerwerk am Himmel reden. Es liess jedes Höhenfeuer und Feuerwerk nicht mehr vermissen – oder dann erst nächstes Jahr wieder ...

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