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"Endlich wieder ein normaler Start ins Jahr"

|   Unsere Zeitung

Volketswil hat seinen Neujahrsapéro zurück: Nach zwei Jahren Pandemiepause empfing der Gemeinderat gegen 200 Gäste, Neuzugezogene und Alteingesessene. Einander Gutes wünschen: «Endlich können wir das auch wieder persönlich tun», freute sich der Gemeindepräsident.

Am Berchtoldstag, 2. Januar, war wieder mal was los im «Wallberg»: Gegen elf Uhr schien es, als ströme halb Volketswil zum Parkhotel. Ganz so toll kam es dann doch nicht, aber die halbe Bevölkerung – 9600 Personen – hätte ja den grossen Saal überfüllt … So liessen sich gegen 200 Gäste von der Bühne aus erkennen. «Das liegt im Rahmen früherer Jahre», schätzte Gemeindepräsident Jean-Philippe Pinto (Die Mitte). Gemeindeschreiber Beat Grob hiess alle herzlich willkommen. Der siebenköpfige Gemeinderat war fast vollzählig da, die Schulpflege, weitere Behörden und beide lokalen Landeskirchen teilweise: So verriet es der Doppelbogen mit Namensklebern am Empfang. Eltern mit Kindern von eins bis siebzehn Jahren blieben eine Minderheit. Am besten vertreten waren die über 50-Jährigen. Ältere Gekommene genossen das Geschehen auf Stühlen am Saalrand.

Wer ist die Hauptattraktion?

Wie gewohnt umrahmte das hiesige Blasorchester den Neujahrsempfang – im Auftrag des Gemeinderates. Die Harmonie Volketswil (HaVo) posaunte schmissige, oft volkstümliche Klänge in den Saal, der diese sehnsüchtig aufzusaugen schien – nach aller Corona-Absenz. Vom 3. bis 5. Februar wird das auch wieder an den HaVo-Jahreskonzerten der Fall sein. Pinto rührte mächtig die Werbetrommel fürs «Hüttengaudi», so das Motto. «Wie Sie wissen», ergriff aber HaVo-Präsident Heiri Arter bald einmal das Wort, «sind nicht wir heute die Attraktion, sondern unser Gemeindepräsident Jean-Philippe Pinto. Begrüssen Sie ihn bitte mit einem tosenden Applaus!» Diesen genoss der Geschmeichelte, gewiss. Noch mehr aber freute er sich darauf, «mit Ihnen ‹uf es guets Nöis› anzustossen und sich gegenseitig viel Glück, Gesundheit und das Beste zu wünschen. Endlich können wir das auch wieder persönlich tun.» Denn der letzte Neujahrsapéro habe am 2. Januar 2020 stattgefunden, mit seiner Rede über den Wandel. Jedoch: «Keiner von uns hätte sich damals gedacht, was in den letzten drei Jahren auf uns zukommen würde.»

Frieden stiften geht vor

Und so enthielt seine Tour d’Horizon durch die unmittelbare Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in Nah und Fern nebst freudigen und lustigen auch einige sehr nachdenkliche Momente. Speziell zum Krieg in der Ukraine, der «uns wahrscheinlich auch das ganze Jahr 2023 begleiten wird. Eine Lösung ist nicht in Sicht.» Da wurde Pinto – nicht zum einzigen Mal – berührend persönlich: «Der Krieg löst bei mir Wut und gleichzeitig Ohnmacht aus. Was kann jede und jeder von uns persönlich tun? Vielleicht sollte das unser grösster Neujahrsvorsatz sein: Frieden im Grossen und Kleinen.» Um augenzwinkernd anzufügen: «Abnehmen, sich gesünder ernähren, mit dem Rauchen aufhören kann man auch später…». Auch von den lokalen Pendenzen griff Pinto eine ärgerliche heraus: «Ich bin bitter enttäuscht, dass nach den diversen Silvesterfeiern in unserer Gemeinde der Abfall einfach liegengelassen wird. Das ist für mich inakzeptabel. Grosser Dank gebührt den Cleanwalkers, die bereits am Neujahrstag unterwegs waren.» Ewiges Nörgeln gekontert Allerdings: «Nichts ist bei uns beliebter als Jammern und Nörgeln.» Es sei fast ein Volkssport, «was ich das ganze Jahr nicht alles hören und lesen muss, wie schlecht es unserem Land, unserer Gemeinde gehe». Dem hielt er entgegen, wie stabil und sicher die Schweiz und deren Wirtschaft weiterhin seien, und wie viele Freiwillige sich weiterhin «für unsere Gesellschaft in verschiedenen Vereinen einsetzen, auch in Volketswil». Auch weltweit erfülle ihn vieles mit Hoffnung: viel weniger Armut als früher, viel mehr Menschen können lesen und schreiben, viel weniger Kleinkinder sterben, mehr Innovationen. Und: «Wahrscheinlich sind im Jahr 2022 eine ganze Reihe erfolgreicher Musikerinnen, Schriftstellerinnen, Schauspielerinnen, Wissenschaftlerinnen oder Politikerinnen auf die Welt gekommen. Aber das werden wir erst in 30 oder 60 Jahren wissen. Dann bin ich schon lange nicht mehr Gemeindepräsident…» (Gelächter).

Wider den tierischen Ernst

Pinto nahm sich während seiner halbstündigen Rede nicht tierisch ernst. Etwa, als er sich mit sechsstündigen Marathonreden des kubanischen Diktators Fidel Castro selig verglich oder dazu animierte, statt seinen «langweiligen» Worten zu folgen – ohne Google! «In Volketswil sind wir fair.» –, gemeinsam sein Rätsel zu lösen: Welches Land feierte das neue Jahr, als unsere Uhren am Silvester noch 19.15 Uhr anzeigten? «Nepal», löste ein junger Mann im weissen Hemd die Frage korrekt. Er möge im Gemeindehaus sein versprochenes Volketswiler Badetuch abholen. Ernst nahm Pinto Erreichtes und zu Erwartendes. Sein Rück- und Ausblick in seiner Ansprache ist in den «VoNa» bereits am 23. Dezember 2022 auf Seite 15 erschienen.

Unerwartete Entlastung

Neu konnte er eine Überraschung des Bundesgerichts verkünden: «In einem jahrelangen Rechtsstreit um die Mehrwertsteuer – es betrifft konkret das Gemeindehaus – hat die Gemeinde obsiegt.» Sie dürfe über zwei Millionen Franken hohe Rückstellungen auflösen und kassiere von der Eidgenössischen Steuerverwaltung über eine halbe Million Zinsen zu «sage und schreibe vier Prozent». Die Erleichterung war dem Finanzvorstand anzumerken, erst recht nach dem angekündigten Umzug der steuerstarken La-Prairie-Gruppe nach Zürich. Den Menschen annähern möchte sich der Gemeinderat, so Pintos Idee. Beschlossen sei noch nichts, aber «der Gemeinderat möchte näher beim Volk sein und direkter kommunizieren». Geschehen könne dies durch einzelne Ratssitzungen in jedem Quartier – dank moderner Verwaltungssoftware, ohne Aktenberge zu schleppen. So könne sich der Rat danach Fragen aus der Bevölkerung stellen.

Mutige nutzen Chancen

«Die Zukunft hat viele Namen», hatte der berühmte französische Politiker und Schriftsteller Victor Hugo erkannt: «Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen eine Chance.» Dieses einleitende Zitat erwiderte Redner Pinto mit Hinweisen auf Chancen der Gemeinde: von «Active City» mit kostenlosen Sport- und Bewegungskursen im Mai/Juni über den digitalen Dorfplatz «Crossiety» und den 1. Juni, an dem das neue Alters- und Pflegezentrum seine Pforten öffnet, bis zum neu aufgestellten und gestalteten Jahrbuch «Neujahrsblatt». Notabene auch als neues Archiv www.neujahrsblatt.ch mit Suchfunktion, ermöglicht durch die Sonderdividende zum Jubiläum der Zürcher Kantonalbank ZKB. Einen Seitenhieb auf deren gescheiterte Seilbahn übern Zürichsee und den fehlenden Bahnhof Volketswil konnte sich Pinto nicht verkneifen: «Leider hat es für eine Seilbahn nach Schwerzenbach nicht gereicht.» Aber: «Auch in Volketswil ist es schön und auch wir haben keinen Schnee», richtete er den über grüne Pisten klagenden Skiurlaubern aus… Allen wünschte er antennen- und strahlungsfreie 5 G: Gesundheit, Gelassenheit (mit Blick auf die Zukunft), Geduld (bei der Rückkehr zur Normalität), Genuss (auch in schwierigen Zeiten) und Glück.

Das Glück lag so nahe

Glück war an jenem Mittag, Freunde, Verwandte und Bekannte (auch neue) anzutreffen oder um sich zu haben, mit Wein oder Wasser anzustossen, einen knorrigen Kaminfeger zu erblicken und weiteren Klängen der Harmonie zu lauschen. Wie dem Medley «80er Kult(tour)» mit «Skandal im Sperrbezirk» bis «Rock Me Amadeus», dem «Voletschwyler Marsch», teils mit Gesang. Und dem schnellen Ländler-Schottisch «Klänge vom Pilatus»: Dessen «Rahmhaube» kreierte Marco Nägeli mit seinem glitzernden, gerade verlaufenden Sopran-Saxophon als virtuos spielfreudiger Solist. Klasse! Schön, wer bei der Bühne stand und letztlich das Lob von Ehrendirigent Hanspeter «Hampi» Adank ans Ensemble vernahm: «Danke vielmals. Ihr habt wieder hervorragend gespielt!»

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